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Log(down)-Buch: Tag 11

oder: Die Liebe in Zeiten des Corona

 

 Erstes Getränk am Morgen: Kaffee

 Das Getränk, das ich gerne als erstes hätte: Wein

 Trainingseinheiten nach Youtube: ½

 

Einkaufen macht Spaß. Jeder Besuch im Supermarkt ist wie das Öffnen einer Wundertüte; jedes Mal gibt es etwas anderes neues: Zuerst bunte Klebestreifen auf den Fußböden, dann Plexiglas-Scheiben an der Kasse, als drittes Security-Männer und heute die Aufforderung den Laden nur mit einem Einkaufswagen zu betreten.

Einer der hiesigen Supermärkte rechnet das sogar für einen hoch und erklärt anhand von Piktogrammen, dass wenn zwei Menschen gemeinsam den Laden betreten, diese dann auch zwei Einkaufswagen benötigen.

Eine Maßnahme, die dabei helfen soll, den Abstand zu wahren, mit aber irgendwie nur halb durchdacht vorkommt. Bei Kunden wie mir bringt diese Methode sowieso nicht viel, da der Einkaufswagen, den ich benutze, meistens allein drei Gänge weiter steht, weil ich zurückgegangen bin, um vergessene Sachen zu holen. Ebenso wenig bei Kunden, die im Trancezustand versehentlich den Wagen eines anderes greifen und damit losziehen wollen. Und auch nicht, wenn man höflich seinen Wagen an die Seite schiebt, um Platz zu schaffen, während man sich aus dem Kühlregal die frischeren Produkte von hinten angelt.

 

Alternativ könnte man nur eine begrenzte Anzahl an Kunden zurzeit in den Laden lassen (dann hätte der Wachmann auch ein bisschen mehr zu tun). So muss ich nur wegen einer vergessenen Gurke (also richtig vergessen, nicht drei Gänge weiter) einen Einkaufswagen vor mir herschieben, dessen Griff schon Tausend Leute vor mir angegrabbelt haben.

Und gerade neulich noch habe ich den ultimativen Corona-Einkaufstipp gelesen, idealerweise nur mit Taschen einkaufen zu gehen, damit man möglichst wenig anfassen muss. Aber nun gut – in wirren Zeiten kommen auch komische Ideen zustande.

Sind wir nicht alle ein bisschen Corona?

 

Ansonsten vermisse ich meinen Sport. Ich vermisse meine lieben Rentner, die nicht wirklich Lust aufs Training haben oder so tun, als hätten sie keine Lust und die trotzdem einmal die Woche auf der Matte stehen. Mir fehlen die Witze und die schlagfertigen Sprüche. Ich vermisse unsere sympathische Trainerin und ich vermisse die mehr oder weniger schäbige Turnhalle, die vermutlich schon lange gebaut wurde, bevor das heimatliche Dorf nach und nach drum herum entstand.

 

Also bin ich die Sache angegangen und habe getan, was man vor lauter Verzweiflung, Langeweile und Rückenschmerzen in so einer Situation tut – zu einem Youtube-Workout turnen.

Es war furchtbar.

Die influencende Trainerin glich einem Erdmännchen in zu engen Sporttights auf fünf Liter Energy-Drinks – zuckerfrei natürlich – und sprach ausschließlich Denglisch. Als angehende Enddreißigerin mit einem Hang zum Down to date-sein war mir das alles irgendwie zu hektisch. Ich hing den Übungen grundsätzlich 1:30 Minuten hinterher und musste zwischen Gorilla loads, pull-ins und touchdowns auf „Pause“ drücken oder rewinden. Ab der vierten Übung hatte ich keine Lust mehr und entschied mich ziemlich durchgeschwitzt nur aus purem Ehrgeiz dazu, weiterzumachen.

Außerdem wollte das Erdmännchen saubere Planks von mir sehen.

Ab Minute 8:40 hatte sein Atem etwas Darth Vader-mäßíges an sich, sodass ich mich fragte, wie man als untrainierter, normal sterblicher Mensch da mithalten sollte.

Bei der neunten Übung versicherte es mir, dass es sich hierbei um eine sehr schöne Übung handele, bei der man jedoch viel falsch machen könne. Vielleicht mag ich mich irren, aber kann es nicht sein, dass solche Übungen für das Home-Workout dann nicht so ideal sind?

Begleitet wurde das ganze Szenario von den feixenden Blicken meiner Familie.

Irgendwann hatte ich dann genug.

Ein weiteres Workout dieser Art wird es nicht geben.   

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Kommentare: 1
  • #1

    Kathrin (Donnerstag, 26 März 2020 16:58)

    Tränen gelacht.....
    Beim Workout wiedererkannt, mich entspannt zurückgelehnt und gedacht: wie gut, dass es anderen auch so geht!
    Danke für die heitere Unterbrechung im slow Modus.
    Mein neuer Satz wird sein: sind wir nicht alle ein bisschen Corona?
    Liebe Isabell, bleib uns so fröhlich erhalten!