oder: Die Liebe in Zeiten des Corona
Corona-Tiefs: 3
Dauer des Home-Schoolings: eine gefühlte Ewigkeit
Erste Außer-Haus-Einsätze mit Maske: 2
Es ist komisch, mit Maske aus dem Haus zu gehen. Ich komme mir vor, wie ein Verbrecher und habe das Bedürfnis, mich an einer Hauswand abzuseilen. Zudem habe ich das Gefühl, merkwürdige Blicke auf mich zu ziehen – etwas, womit mein chronisch unsicherer Charakter nicht so gut umgehen kann. Ansonsten stehe ich der Maske ein bisschen zwiegespalten gegenüber: Denn niemand sieht die ganzen Hautunreinheiten, die sich in der letzten Zeit durch Stress und Nervennahrung gebildet haben. Das ist gut. Allerdings hält das Segelohr-Gefühl nach einem einstündigen Wochenendeinkauf auch eine Weile an und das ist eher unbequem.
Ansonsten habe ich gerade keine Zeit. Ich balanciere zwischen Home-Office, Home-Schooling, Home-Cleaning und Home-Making fun for kids. Gelegentlich höre ich hier und da von anderen, dass das Gute an dem Virus ist, dass er für eine dringend benötigte Entschleunigung sorgt und dass dieses Runterfahren und Zuhausebleiben sehr erholsam sei. Nun, das ist bei mir nicht so. Die Wahrheit ist: War der Alltag ohnehin schon ein Balanceakt, so hat sich nur der Tanzstil auf dem Seil verändert, mehr nicht.
Aus diesem Grund musste ich auch erst mal den Fahrplan des Niedersächsischen Kultusministeriums verarbeiten, der die schrittweise Wiederaufnahme des Schulunterrichts regelt und für den ich natürlich volles Verständnis habe. Was ich aber nicht habe, ist viel Ausdauer und jetzt muss ich noch voraussichtlich bis Anfang Juni durchtanzen. Um diese Nachricht in der letzten Woche besser verarbeiten zu können, habe ich ein paar Runden „Shot up“ gespielt.
Die Schule öffnet also einen Spalt breit ihre Tore und wir alle tasten uns langsam und unsicher vorwärts, in einen anderen Alltag – einen mit Maske zum Beispiel.
Viele sprechen auch von einer „neuen Normalität“, aber als eine Freundin schöner Formulierungen, kann ich mit dieser Begrifflichkeit nicht ganz so viel anfangen. Etwas, das normal ist, ist etwas Alltägliches, Gewöhnliches und somit eben nicht neu. Von daher würde mir „veränderte Normalität“ oder „neuer Abschnitt“ besser gefallen. Aber das nur so am Rande.
Tatsächlich scheinen wir uns an einiges gewöhnt zu haben: Plexiglasscheiben an Kassen und einkaufende Verbraucher mit Handschuhen sind inzwischen ein genauso vertrauter Anblicke wie eine zwanzig Meter lange Warteschlange. Und sogar die Hamsterkäufer scheinen weniger besorgt zu sein, denn es gibt bei uns wieder Hefe und Klopapier, wann immer man in den Laden geht.
Da ist nur noch eine Sache, die mich verwirrt: Ich bekomme so oft mit, wie sich andere Kunden mit mehr oder weniger verzweifeltem Humor über diesen Klopapier-Hype lustig machen, dass ich mich frage, wer denn nun die Hamsterkäufer sind. Aber vielleicht haben die sich auch nur alle in ihren Prepper-Bau zurückgezogen und kommen erst in 25 Jahren wieder raus – wenn das Klopapier alle ist.
Wenn ich gerade doch mal ein paar Minuten Zeit habe, entwerfe ich neuerdings Mitbringsel-Produkte unter dem Motto „Ohne Freunde ist alles doof“. Es wird Tassen, Postkarten, Schlüsselanhänger und Magnete geben, auf denen eine niedliche, vergrößerte Vire abgebildet ist. Sie hat Kulleraugen und Schleifchen um ihre Spikes; ein paar hängen auch enttäuscht herunter. In der Hand hält sie ein Ohne-Freunde-ist-alles-doof-Schild und um sie herum sind verschiedene Dinge skizziert, mit kurzen Bemerkungen, wie: „Spaziergang: doof, Trinkspiel: doof, Maske: doof ...“ .
So, und jetzt suche ich meine Sonnenbrille, ziehe mir jetzt einen Kapuzenpulli über und gehe Geld abheben.
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