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Log(down)-Buch: Tag 50

oder: Die Liebe in Zeiten des Corona

 

Neue Falten: 12
Raus gewachsener Ansatz: 10 cm

Drei Dinge, die ich nicht

mehr brauche: Sprit, Kalender, Lippenstift

 

Die absurden Ideen, die sich ein gewisser Regierungschef in seinem orangefarbenen, besenreinen Oberstübchen in letzter Zeit so erdacht hat, machen mich ziemlich sprachlos. Ich möchte mich gern darüber lustig machen, dass der Mann, der an der Spitze der Weltregierung steht, es „interessant fände“, Menschen Desinfektionsmittel zu spritzen, aber es geht (noch) nicht.

Vermutlich kam er auf die Idee, weil er das selbst schon jahrelang praktiziert. Ein paar abgetötete Synapsen sind da Kollateralschäden; körperliche Gesundheit geht vor.

 

Weil auch hierzulande die Gesundheit vorgeht, tragen wir seit einer Woche alle Masken beim Einkaufen, denn das ist Pflicht. Und weil uns der Klimawandel-Frühling ein traumhaftes Wetter beschert (zumindest bis vor drei Tagen), laufen wir mit Sonnenbrille und Mundschutz recht vermummt durch die Gegend. Aber so viel bekomme ich von dem Wetter nicht mit. Ich sehe es aus dem Fenster, wenn ich zwischen Kinderschreibtisch und dem meinen hin und her wandere und überlege, was ich dabei rausspringen würde, wenn ich dafür Laufgeld bekäme und wer mir das bezahlen würde. Aber ich würde mich auch mit einer anderweitigen Anerkennung zufriedengeben. Schließlich wird sie auch Pflegekräften und Supermarktmitarbeitern gezollt; ihnen wird ganz öffentlich und regelmäßig gedankt und zu Applaus-am-Fenster-Aktionen aufgerufen. Und was ist mit uns Homie-Eltern? Ich fühle mich irgendwie übersehen oder für selbstverständlich genommen.

 

Und obwohl ich den ganzen Tag zu Hause bin, ist das Home-Schooling³ derart vereinnahmend, dass ich zu nichts anderem mehr komme und haushaltstechnisch ein ziemliches Chaos herrscht. Überaus frustrierend.

Es ist sogar schon so weit gekommen, dass die Wollmäuse mangels Nicht-Beachtung aufbegehren. Sie haben sich kleine Protestschilder gebastelt und ziehen ihre Runden durch die Wohnung. Freitags gesellen sich oft ein paar aus der Schule dazu. Dass die Vormittage am Freitag statt in der Schule eher auf Demos verbracht werden, ist wohl irgendwie hängen geblieben.

 

Um Zeit zu sparen, gibt es einen abwechslungsreichen Ernährungsplan. Die Abwechslung besteht in unterschiedlichen Minutenangaben für die Zubereitung von Pizzen, Milchreis, Kartoffelpuffern und Co. Und um mein Nervensystem zu stabilisieren, bin ich dazu übergegangen, die Schokoladen wieder tafelweise zu verzehren. Dass ich das zuletzt gemacht habe, ist mindestens 13 Jahre her und der Umstand, dass mein Körper, das nicht mehr so verarbeitet wie damals, recht bedauerlich. Aber ich tröste mich mit dem Gedanken, die Kalorien beim Schreibtisch-Jogging ja wieder zu verbrennen; also werden die Folgen wohl nicht allzu drastisch ausfallen – hoffentlich.

 

Ansonsten würde ich so gern spannende, witzige und wohlformulierte Erlebnisse in dieses Tagebuch eintragen, doch leider erlebe ich nichts. Ich setze all meine Hoffnung darauf, dass die Spielplätze diese Woche wieder eröffnet werden und man sich vielleicht auch bald in ganz kleinem Rahmen mit ein, zwei Freunden auf eine soziale Distanz und einen Drink treffen darf. Und wenn die Kinder in ein paar Wochen oder Monaten irgendwann wieder zur Schule dürfen, hätte ich vielleicht sogar Zeit dafür.

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