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Die letzte Nachricht

Sterben darf nicht viel kosten. Auch nicht viele Worte. Das muss der Grund sein, warum Todesfälle seit einer Weile schon über WhatsApp mitgeteilt werden. Die letzte Nachricht dieser Art, die ich bekam, liest sich wie ein Telegram, nur ohne die Stopps. Mit sähe das sonst so aus:

„Muss traurige Nachricht mitteilen +++ stopp +++ Großtante Trude plötzlich verstorben +++ stopp +++ Weitere Infos folgen +++ stopp +++.“

 

Sicher, das Umfeld auf diese Weise über jemandes Ableben zu informieren, ist schnell, sachlich und erreicht mit einem Knopfdruck alle, die es vielleicht wissen sollten. Und doch kann ich mit dieser Methode nicht so recht warm werden. Ich finde, bei der Schwere eines solchen Umstandes sollten persönliche Worte drin sein (schließlich geht es nicht darum, an einen Termin zu erinnern). Und wenn der Verwandtschafts- oder Bekanntschaftsgrad nicht nah genug ist, um umgehend informiert zu werden, hat es auch noch ein paar Tage Zeit, bis man zum Beispiel am Telefon darüber in Kenntnis gesetzt werden kann. Ich ziehe das Persönliche der Schnelligkeit vor.

 

Ich persönlich wünsche mir auch, dass mein Abgang mit gesprochenen Worten weitergetragen wird, bei denen die Zurückgebliebenen Wärme in die Stimme legen oder sich in die Arme nehmen und dabei gerne noch einen Scherz auf meine Kosten machen können („Der richtige Zeitpunkt war noch nie ihre Stärke“; „Ihre zwei braunen Pflanzen werden eine gewisse Erleichterung verspüren“) - und niemand die Möglichkeit hat, als Reaktion einen traurigen Emoji zu senden.

 

Wieso bürgern die sich ein, diese Todes-Messenges? Vermutlich ist das dem Zeitgeist geschuldet. Vielleicht haben wir uns so an eine schnelle Aufnahme und Weitergabe von Informationen gewöhnt, dass wir vergessen innezuhalten und über deren Bedeutung nachzudenken: Ein Mensch, den wir in irgendeiner Form kannten, fehlt. Dauerhaft. Für alle, die ihm nahe standen, beginnt eine traurige Zeit. Dieser emotionalen Situation muss doch mehr zustehen als ein Newsticker. Sollte das nicht Mitgefühl und persönlichen Kontakt wert sein und dass man dafür eine Nummer wählt, jemanden aufsucht, davon erzählt? Wir können Mitgefühl nun mal nicht "weiterleiten" - auch wenn Emojis uns das gerne glauben lassen.

 

Ich denke, es gibt Dinge, die so gewichtig sind, dass sie sich nicht gut in eine rein informative Social Media-Nachricht zwängen lassen; das wird dem nicht gerecht. Heiratsanträge zum Beispiel. Oder Trennungswünsche. Oder eben Todesfälle. Vielleicht bin ich da zu sentimental oder zu oldschool und das gehört einfach zur Digitalisierung dazu, digitalisiertes Miteinander quasi. Aber ich nehme mir trotzdem vor, in der Informationsflut einfach öfter mal innezuhalten. Damit Raum für Gefühl und für echtes Miteinander bleibt.

 

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